Ein ausgeklügeltes System aus Zahnrädern, Hebeln- und Wellen ermöglicht eine Ausnutzung der Windenergie zur Verrichtung aller Arbeitsschritte vom Korn bis zum Mehl. Nach sanft schwankendem Aufstieg über die hängende Treppe gelangt man auf den Mehl- oder Absackboden. Vor allem beeindruckt hier der ca. 3,5 t schwere Hausbaum, der hier oben nicht mehr viereckig, sondern rund ist. Er trägt den Hammer, und dieser wiederum trägt rechts und links die Mehlleisten, an denen das ganze übrige Fachwerk des Mühlengehäuses aufgehängt ist. Vor allem diese Mehlleisten waren es, die zum Abbau der Mühle genötigt hatten, denn sie waren angebrochen. Im Übrigen finden wir es hier auf dem Mehlboden recht eng, weil zwei schrankartige Kästen sehr viel Platz beanspruchen. Aber zunächst lockt wieder einmal die nächste Treppe. Wir steigen hinauf und gelangen auf den Steinboden. Der hohe Raum wird beherrscht von der Flügelwelle und dem großen Kammrad. Seine Kämme greifen in das Stock- oder Korbrad und übertragen die Drehung der Flügelwelle auf den Mahlgang.
Der Mahlgang beinhaltet die beiden Mühlsteine: den sich drehenden Läufer- und den festliegenden Bodenstein, die wir jedoch beide nicht sehen können, denn sie sind
staubdicht in der sogenannten Bütte versteckt. Diese hölzerne Bütte trägt an der Oberseite den Trichter zum Einfüllen des Getreides und darunter den Rüttelschuh, eine Dosierrinne, die das
Getreide langsam in das Steinauge des ca. 1,2 t schweren Läufersteins aus dem Jahr 1892 befördert. Dazu wird der Rüttelschuh von den Ecken der vierkantigen und aus Schmiedeeisen bestehenden
Antriebsspindel rhythmisch hin- und hergeschlagen, wodurch das aus dem Volkslied bekannte „Klappern der Mühle“ entsteht. Sind
die Getreidekörner gemahlen, so wird das Schrot durch die Fliehkraft an die Innenwand der Bütte geschleudert. In dem schmalen Raum zwischen Läuferstein und Bütte rotiert Luft. Diese erfasst das
Schrot und befördert es durch ein Loch nach unten in das Mehlrohr und dadurch auf dem Mehlboden in einen Sack. Möchte der Müller statt grobem Schrot Mehl erhalten, öffnet er über einen Schieber
ein zweites Loch unter der Bütte, durch welches das Mahlgut in die sogenannte Beutelkiste, eine auf dem Mehlboden stehende Siebmaschine, fällt.
Eine von Alters her unbeliebte aber notwendige Arbeit war das Schärfen der Mühlsteine.
Ein alter Spruch heißt: Das Müllerleben hat Gott gegeben, aber das Steineschärfen und Mahlen bei der Nacht hat der Teufel erdacht.
Was ist, wenn die Mühle angehalten werden muss? Dazu haben wir den Fang. Dieser besteht aus miteinander verbundenen Holzsegmenten, die sich bandartig um das große Kammrad legen und die sich durch das Gewicht eines Balkens, den wir mit einem Hebel bewegen können, festziehen lassen..Nebenbei bewundern wir die genial einfache Wirkungsweise des Hakens, des sogenannten Säbeleisens, der den Fangbalken entweder festhält oder freigibt, je nachdem, ob wir ihn langsam oder schwungvoll anheben.
Was ist der große schwenkbare „Galgen“, der neben dem Mahlgang steht? Das ist der Steinkran. Wenn die Steine durch Abrieb stumpf geworden sind oder der Mahlgang gesäubert werden muss, werden Bütte und Trichter abgenommen, und der freigelegte Läuferstein kann nun mit den zangenartigen Armen des Krans angehoben und mit der Mahlfläche nach oben zeigend gedreht werden. Nun kann der Müller mit speziellen Werkzeugen, den sogenannten Bill- oder Kraushämmern, die in der Mahlfläche befindlichen Rillen vorsichtig nacharbeiten.
Wenden wir uns weiter nach links, dann sehen wir den zweiten Mahlgang, dessen Antrieb über eine Stirnradübersetzung von der Flügelwelle aus erfolgt. Dieses komplizierte Räderwerk hat aber auch noch eine zweite Funktion: Es treibt nämlich die Sackwinde an. So können die schweren Getreidesäcke durch die Windkraft über einen außenliegenden Kettenaufzug nach oben auf den Steinboden gehoben werden. Auch ohne Wind funktioniert dieser Aufzug: Wir brauchen das Getriebe nur auskuppeln und die Winde über ein Endlosseil und ein sogenanntes Gaffelrad von Hand betätigen.
Steigen wir die Treppe wieder hinab zum Mehlboden und betrachten die beiden schrankartigen Kästen. Diese sind die Beutelkisten, welche das feine Mehl von der Schale trennen. Innerhalb dieser Kästen rotiert mit langsamer Drehzahl eine sechskantige Siebtrommel, deren Außenflächen mit feiner Seide bespannt sind. Durch die Drehung fällt das feine Mehl nach unten aus der Siebtrommel heraus, während die Schale an der Rückwand die Maschine verlässt. Die sechskantige Form der Siebtrommel gibt den Maschinen den Namen „Sechskantsichter“, wobei „Sichten“ der müllerische Fachbegriff für „Sieben“ oder „Sortieren“ ist. Wir können auch hier die Hebelmechanik bewundern, mit deren Hilfe sich der Abstand zwischen den Mühlsteinen regulieren lässt. Natürlich lastet der obere Mühlstein nicht mit seinem vollen Gewicht auf dem unteren, sondern er wird von einer Welle getragen, die auf einem schweren, horizontal liegenden Balken gelagert ist. Dieser ist beweglich und kann über drei Hebel mit einem Übersetzungsverhältnis von ungefähr 1 : 100 gehoben und gesenkt werden, damit das Mahlgut die richtige Feinheit erhält.
links:
Hausbaum,
Absackvorrichtung, Sechskanntsichter
rechts:
Das komplizierte Räderwerk zum Antrieb des 2. Mahlganges und der Sackwinde
rechts:
Die Bütte des 2. Mahlganges. Links das Seil der Sackwinde, die mit dem Antrieb des 2. Mahlganges gekoppelt ist
links:
Blick in den geöffneten Sechskanntsichter